Ein Fernsehkoch hat in der ORF-Sendung „Niederösterreich heute“ einen kulinarischen Skandal ausgelöst, indem er einen Frauennerfling zubereitet hat. Der Frauennerfling ist geschützt, da der dem Vernehmen nach durchaus schmackhafte Fisch vom Aussterben bedroht ist. Somit ist es eher unvorteilhaft, wenn ein Koch den unscheinbaren Karpfenfisch zu einer Fischfrikadelle verarbeitet. Wie kann so etwas passieren?
Fernsehkoch bereitet geschützten Frauennerfling zu
Roland Lukesch ist ein gern gesehener Gast im ORF. Der Koch betreibt ein Restaurant in Haslau an der Donau und ist somit prädestiniert für Fischgerichte. Somit war es keine Überraschung, dass Lukesch den Zuschauern „Fischlaberln“ kredenzte. Die Fischfrikadelle wurde mit „einbrennte Hund“ (marinierten Kartoffeln) präsentiert. Das Gericht sah gut aus und schmeckte allem Anschein nach ausgezeichnet.
Allerdings gab es einen Haken, der bei kundigen Zuschauern sofort Entsetzen auslöste: Der Frauennerfling ist geschützt und darf somit nicht aus der Donau entnommen werden. Dafür gibt es einen einfachen und leicht nachvollziehbaren Grund: Der Frauennerfling ist vom Aussterben bedroht. Doch wie kann es dazu kommen, dass ein geschützter Fisch in der Pfanne landet, und dann auch noch in einer populären Fernsehsendung?
Der Frauennerfling ist ein Karpfenfisch, der in manchen Regionen auch als Pigo bezeichnet wird. Diese Fischart kommt in diversen Unterarten in Norditalien, im Kanton Tessin und in einigen Alpenseen auf der Südseite des Gebirges vor. Der Frauennerfling erreicht üblicherweise eine Größe von etwa 30 cm, aber auch große Exemplare mit einer Größe von 40 bis 50 cm kommen vor.
Nicht jeder Nerfling ist ein Frauennerfling
Eine ganze Woche hat es gedauert, bis der ORF sich öffentlich zu dem dramatischen Fehler bekannt hat. Dabei war Fachleuten sofort klar, dass die Verwendung des Frauennerflings in einer Kochsendung ein handfester Skandal war. Warum der ORF eine ganze Woche ermitteln musste, lässt sich schwer nachvollziehen. Allzu viele Beteiligte gab es nicht und letztlich war es nicht schwierig, den Grund für den unfassbaren Fehler zu finden.
Laut Spiegel war sich Roland Lukesch darüber im Klaren, dass der Frauennerfling ein geschützter Fisch ist, zumindest direkt vor seiner Haustüre, in der Donau. Doch dem Angler, der für die Lieferung des geschützen Fisches, der in der Sendung verarbeitet wurde, zuständig war, ist ein folgenschwerer Fehler unterlaufen. Bei der Überprüfung der rechtlichen Bestimmungen hat der Angler allem Anschein nach den Nerfling mit dem Frauennerfling gleichgesetzt.
Der Nerfling hat in Niederösterreich lediglich eine Schonzeit vom 1. Mai bis zum 30. Juni. Zudem gilt ein Mindestmaß von 35 cm. An diese Vorgaben hat sich der Angler gehalten. Dumm nur, dass der Nerfling, der in Deutschland überwiegend als Aland bekannt ist, eine andere Fischart ist. Lukesch berichtete im Gespräch mit dem Spiegel, dass der erfahrene Angler sich schwere Vorwürfe mache.
Dem Angler hätte der Fehler durchaus auffallen können, denn trotz der Ähnlichkeit beim Trivialnamen sind die lateinischen Bezeichnungen sehr unterschiedlich. Nerfling und Frauennerfling klingen ähnlich. Aber für Leuciscus idus und Rutilus virgo gilt das nicht. Alte Lateiner haben beim Angeln manchmal einen echten Vorteil.
Strafe für Angler, Koch und ORF?
Das Niederösterreichisches Fischereigesetz sieht bei Verstößen gegen die gesetzlichen Vorgaben eine Strafe von bis zu 7.000 € vor. Allerdings gilt dies nur, wenn keine Straftat vorliegt. Bislang ist nichts über Ermittlungen gegen den Angler, den Koch oder das ORF bekannt. Aber ganz ohne Strafen wird der kulinarische Skandal wohl nicht ausgehen.
Fehler sind menschlich und am Ende ist der Schaden überschaubar. Immerhin ist nur ein Fisch ums Leben gekommen, auch wenn es sich um eine geschützte und vom Aussterben bedrohte Art handelt. Immerhin sorgt der aktuelle Skandal dafür, dass in Österreich wahrscheinlich kein Angler mehr auf die Idee kommt, einen Frauennerfling aus einem Gewässer zu entnehmen.
Situation in Deutschland – Frauennerfling nur in Bayern und Baden-Württemberg
Der Frauennerfling kommt in Deutschland lediglich in Bayern und Baden-Württemberg vor. In unseren Tabellen zu den Schonzeiten in Bayern und den Schonzeiten in Baden-Württemberg lässt sich leicht recherchieren, dass der Frauennerfling auch in Deutschland ganzjährig geschont ist.
Zumindest in Bayern steht allerdings auch der Nerfling in der Liste, sodass theoretisch eine Verwechslung wie in Niederösterreich möglich wäre. Auch in Deutschland würde allerdings eine Entnahme eines Frauennerflings aus einem Gewässer mindestens ein Bußgeld nach sich ziehen.
Wenn es um geschützte Tierarten, die auf der Roten Liste stehen, geht, kennt der deutsche Gesetzgeber kein Pardon. Am aktuellen Skandal um den geschützten Frauennerfling wird deutlich, wie wichtig es ist, sich regelmäßig über die geltenden Schonzeiten und Mindestmaße zu informieren, nicht nur über unsere Tabellen, sondern auch immer vor Ort, denn für zahlreiche Gewässer gelten Ausnahmen.