Ludwigslust-Parchim – Die Aujeszkysche Krankheit, im Volksmund als Pseudowut bekannt, hat sich erneut als tödliche Gefahr für Jagdhunde erwiesen. Im Landkreis Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern mussten zwei Jagdhunde wegen einer Infektion mit dieser gefährlichen Viruserkrankung eingeschläfert werden. Der Fall unterstreicht die erhebliche Gefahr, der Jagdhunde bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind, und verdeutlicht die Dringlichkeit präventiver Maßnahmen.
Hintergrund: Was ist die Aujeszkysche Krankheit (Pseudowut)?

Die Aujeszkysche Krankheit wurde erstmals 1902 vom ungarischen Tiermediziner Aladár Aujeszky beschrieben. Die Krankheit wird durch das Suid Herpesvirus 1 (SHV-1), auch als Pseudorabiesvirus bekannt, verursacht. Sie erhielt ihren populären Namen „Pseudowut“ wegen der starken Ähnlichkeit der Symptome mit der Tollwut, obwohl sie eine völlig andere Krankheit ist.
Für Menschen ist das Virus keine Gefahr. Für infizierte Haustiere endet eine Infektion mit Pseudowut jedoch fast immer tödlich. Besonders gefährdet sind Hunde und Katzen. Bedauerlicherweise gibt es keine Impfung gegen Pseudowut. Auch ein wirksames Heilmittel ist nicht bekannt.
Die stille Bedrohung durch Wildschweine
Wildscheine spielen eine zentrale Rolle in der Verbreitung der Aujeskyschen Krankheit. Ein charakteristisches Merkmal ist, dass infizierte Wildschweine normalerweise keine Symptome haben. Allerdings spielen die Wildschweine eine große Rolle als Viruswirt.
Wildschweine behalten des Virus üblicherweise lebenslang im Organismus und können es unter Stressbedingungen über ihre Ausscheidungen verbreiten. Das Friedrich-Loeffler-Institut rät daher Jägern, bei jedem erlegten Schwarzwild von einer möglichen Infektion auszugehen.
Die Verbreitung in Deutschland ist regional sehr unterschiedlich. In Bayern, speziell in Niederbayern und der Oberpfalz, sind etwa 20 % der genommenen Proben positiv. Auch in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Hessen werden regelmäßig Proben positiv getestet.
Die endemische Verbreitung der Pseudowut macht eine ständige Überwachung notwendig. Zudem sollten Jäger grundsätzlich sehr vorsichtig sein, wenn sie Schwarzwild jagen und verarbeiten. Ein großes Risiko entsteht immer dann, wenn der Jagdhund unmittelbaren Kontakt zum Schwarzwild hat.
Symptomatik beim Jagdhund: Schneller und qualvoller Verlauf
Wenn sich ein Hund bei einem Wildschwein oder einem anderen Tier mit Pseudowut infiziert, ist der Krankheitsverlauf meist kurz. Die Inkubationszeit liegt zwischen zwei und neun Tagen. Innerhalb dieser Zeit zeigen sich die ersten Symptome.
Unruhe, Nervosität und auffälliges Verhalten sind die Vorboten. Zudem wirkt der betroffene Hund auf abgeschlagen oder auffallend aggressiv.
Charakteristische Symptome umfassen einen ausgeprägten, fast schon pathologischen Juckreiz, besonders im Bereich von Ohren, Nase und Gesicht. Dieser Juckreiz ist so intensiv, dass er zu Selbstverletzungen und Automutilation führt. Zusätzlich zeigen sich starker Speichelfluss, Erbrechen und Durchfall.
Neurologische Symptome wie Muskelzittern, Krämpfe, Bewegungsstörungen und Lähmungen entwickeln sich meist ebenfalls sehr schnell. Der Puls und die Atemfrequenz sind erheblich erhöht.
Im Endstadium kommt es zu Apathie. Die teilnahmslos wirkenden Hunde fallen ins Koma. Der Tod erfolgt meist innerhalb von 2 bis 3 Tagen nach Ausbrechen der ersten Symptome. Für das Tier ist der gesamte Prozess extrem qualvoll.
Infektionswege: Wie stecken sich Jagdhunde an?
Der direkte Kontakt mit infizierten Wildschweinen ist die größte Gefahr für Jagdhunde. Die Aufnahme von kontaminiertem Material, etwa von Ausscheidungsprodukten, ist ebenfalls ein möglicher Übertragungsweg. Nasensekrete, Augenflüssigkeit und Sekrete aus Geschlechtsteilen sind besonders stark betroffen.
Die Infektionsgefahr über Schweiß bei der Nachsuche gilt mittlerweile als relativ klein, aber auch diese Möglichkeit lässt sich nicht komplett ausschließen. Ebenso ist auch die Übertragung über Aerosole theoretisch möglich, aber es gibt keinen dokumentierten Fall, bei dem ein Hund über diesen Übertragungsweg infiziert wurde.
Anders ist die Situation beim Fleisch. Wildschweinfleisch infizierter Tiere ist meist stark kontaminiert. Eine überdurchschnittlich starke Infektionsquelle sind die Innereien. Im Fleisch bleibt der erst Virus lange infektiös und übersteht oft sogar die übliche Fleischreifung.
Statistik: Wie selten sind Infektionen wirklich?
Die tatsächliche Infektionsgefahr ist umstritten. Obwohl das Virus flächendeckend bei Wildschweinen in Deutschland vorkommt, gibt es nur wenige dokumentierte Infektionen bei Jagdhunden. Zwischen 2013 und 2023 wurden lediglich neun Jagdhunde in Deutschland mit der Aujeszkyschen Krankheit diagnostiziert. Ob der aktuelle Fall aus Mecklenburg-Vorpommern ein Indiz für eine Zunahme der Gefahr darstellt, muss sich noch zeigen.
Vorsicht ist in jedem Fall geboten, denn durch die tödliche Wirkung des Virus ist jede Infektion ein Todesurteil für den Jagdhund. Wenn die oben beschriebenen Symptome auftreten, ist es deswegen sinnvoll, einen Tierarzt zu suchen, der gegebenenfalls auch das zuständige Veterinäramt informieren kann. Bei einer positiven Diagnose gibt es oft keine andere sinnvolle Option, als den Jagdhund einschläfern.
Schutzmaßnahmen für Jagdhunde: Präventive Maßnahmen sind dringend empfehlenswert
Da es keinen Impfstoff und keine Heilbehandlung gibt, lässt sich das Problem nur durch Prävention in den Griff bekommen. Das Friedrich-Loeffler-Institut empfiehlt die folgenden Maßnahmen:
- Unter keinen Umständen sollten Jagdhunde mit rohem Fleisch, Innereien oder Aufbruch von Wildschweinen gefüttert werden. Auch Rohwürste und kalkgeräucherter Schinken sollten unbedingt gemieden werden.
- Der direkte Kontakt mit erlegten Wildschweinen sollte minimiert werden. Sobald das Tier erlegt ist, sollte der Jagdhund angeleint und vom Wildschwein entfernt werden.
- Beim Aufbrechen des Schwarzwilds sollte der Jäger immer Handschuhe tragen und sicherstellen, dass er selbst nicht zum Überträger wird, indem er sich selbst oder seine Kleidung kontaminiert.
Aufgrund der niedrigen Fallzahlen ist Panik fehl am Platze. Aber jeder Jäger ist gut beraten, die genannten Präventionsmaßnahmen umzusetzen, um ein ähnliches Drama wie mit den zwei Jagdhunden in Mecklenburg-Vorpommern zu verhindern. Das Thema Pseudowut sollte jeder Jäger in Deutschland bei der Jagdausübung beachten.
