Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine große Bedrohung für die europäische Schweinewirtschaft und Wildtierpopulationen. Bei Hausschweinen sind traditionelle Bekämpfungsmethoden einigermaßen wirksam. Bei freilebenden Wildschweinen funktionieren diese Methoden jedoch kaum. Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) startet nun eine Feldstudie in Brandenburg, bei der erstmals spezialisierte Impfköder eingesetzt werden. Die Wildschweine sollen die Impfköder fressen und auf diese Weise einen wirksamen Impfschutz erhalten.
Impfköder statt Spritze gegen ASP: innovativer Ansatz

Wildschweine können anders als Hausschweine nicht per Spritze mit einem Impfstoff versorgt werden. Deswegen haben sich die Forscher um Virologin Sandra Blome vom Greifswalder Friedrich-Loeffler-Institut Gedanken gemacht, um eine praktikable Lösung zu finden. Mit Impfködern sollen Wildschweine auf einfache Weise gegen die Afrikanische Schweinepest geschützt werden.
In der ersten Phase der Feldstudie wird jedoch noch keine Impfung durchgeführt. Vielmehr wollen die Forscher herausfinden, welche Ködertypen besonders effektiv sind. Damit die Impfköder am Ende die gewünschte Wirkung entfalten, müssen möglichst viele Wildschweine im Gebiet erreicht werden. Mit unterschiedlichen Ködern, die aus Produkten wie Mais, Eiern und Pflanzenfett bestehen, soll untersucht werden, welche Variante besonders gut funktioniert. Um nachprüfen zu können, ob der Köder tatsächlich aufgenommen werden, enthält jeder Köder eine blaugefärbte Zuckerlösung.
Bevor die echten Impfköder ausgebracht werden, soll zudem gründlich untersucht werden, wie andere Wildtiere mit den Ködern umgehen. Im Idealfall nehmen nur die Wildschweine die Köder auf. Auf diese Weise lassen sich unerwünschte Seiteneffekte vermeiden. Immerhin handelt es sich um gentechnisch erstellte Impfstoffe. Um jegliches Risiko zu minimieren, sollen die Köder deswegen so beschaffen sein, dass sie nur für Wildschweine interessant sind.
Umfassende Feldversuche in Brandenburg
In mehreren Regionen in Brandenburg, unter anderem in den Neuzeller Niederungen, wollen die Forscher drei Monate investieren, um die Köder-Effektivität eingehend zu studieren. Wichtig ist es dabei, unterschiedliche Habitate zu erforschen, insbesondere Misch- und Kiefernwälder. Ein wichtige Forschungsfrage ist dabei, ob es möglich ist, eine einheitliche Lösung für alle Habitate zu finden oder ob es notwendig ist, für jedes Habitat eine individuelle Köderlösung umzusetzen.
Teil des europäisches Forschungsprojekts ASFaVIP
Die Brandenburg-Studien sind Teil des größeren EU-geförderten Forschungsprojekts ASFaVIP (African Swine Fever attenuated live Vaccines In Pigs), das vom Friedrich-Loeffler-Institut koordiniert wird. Derzeit laufen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien und Lettland Studien. Mit der geographischen Streuung sollen aussagekräftige Ergebnisse begünstigt werden.
Die praktische Umsetzung übernimmt das Büro WildVet, das auf Wildtierforschung spezialisiert ist. Das Projekt wird begleitet von internationalen Partnern aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, den USA und dem Industriepartner Zoetis.
Noch kein ASP-Impfstoff in der EU zugelassen
Derzeit gibt es noch keinen Impfstofffür die Afrikanische Schweinepest. Allerdings gibt es vielversprechende Entwicklungen, die darauf hindeuten, dass in einigen Jahren wirkungsvolle Impfungen zur Verfügung stehen könnten. Mit den aktuellen Feldstudien wird sichergestellt, dass bei einer Zulassung eines Impfstoffes in der Europäischen Union der Einsatz umgehend erfolgen kann. Das ist ein weitsichtiger und verantwortungsbewusster Ansatz.
Zulassung der Impfköder in zwei bis drei Jahren möglich
Wenn die Feldstudien und weitere Forschungsprojekte erfolgreich verlaufen, könnten schon in 2 bis 3 Jahren die Köder mit einem passenden Impfstoff zugelassen werden. Das ASFaVIP-Projekt läuft bis 2026 und soll unter anderem ein umfassendes Registrierungsdossier für die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) erstellen.
Beim einzigen aktuell eingesetzten Impfstoff handelt es sich um lebend attenuierte Viren, also abgeschwächte Viren, die nicht tödlich sind. Bislang ist es jedoch so, dass dieser ASP-Impfstoff, der von einer vietnamesischen Firma entwickelt wurde, nur in Vietnam eingesetzt wird. Das unterstreicht, wie schwierig es ist, die regulatorischen Hürden in der EU zu nehmen.
Bedrohung durch ASP in Europa: Lösung dringend nötig
In Brandenburg wurden beim ersten Ausbruch in Deutschland im September 2020 mehr als 2.000 Wildschweine mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert. In mehr als 95 % der Fälle endet die Infektion tödlich. Die Übertragung ist auch über direkten Tierkontakt, kontaminiertes Fleisch und Gegenstände, die mit dem Tier in Kontakt waren, möglich.
Eine Infektion von Hausschweinen mit der Afrikanischen Schweinepest hat verheerende wirtschaftliche Folgen. Mit einer effektiven Impfstrategie für Wildschweine wäre es möglich, einen wichtigen Gefahrenherd erheblich zu begrenzen. Allerdings ist die Impfstoffentwicklung gegen ASP komplex und es ist nicht zu 100 Prozent sicher, dass es einen Impfstoff geben in der EU geben wird.
